Allerlei Schmutz wurde gesammelt. Foto: Kunert

Ungewöhnliche Aktion von Syntrion sorgt für Aufsehen. Damen finden jede Menge Mikroplastik. Bloggerinnen geben den Ausschlag.

Calw - Zwei junge Damen in einem Gummiboot auf der Nagold auf Höhe des Calwer Wasserspielplatzes. Was nach ein wenig Sommerfrische aussah, entpuppte sich am Dienstag als PR-Aktion mit sehr ernstem Hintergrund: Laura Anderson und Marieke Henriques arbeiten für das Calwer Unternehmen Syntrion. Und sie sammelten im Auftrag des Naturschutzes Plastik aus der Nagold; vor allem, soweit greifbar, sogenanntes Mikroplastik.

Natürlich war es eine Aktion mit Hintergedanken. Und mit einigem Organisationsaufwand. Denn die Syntrion GmbH, die vor allem als Unternehmensberatung im Bereich alternativer Pharmaprodukte für Kunden weltweit arbeitet, baut sich ein zweites Standbein auf, ist bereits selbst als Anbieter von alternativen Arzneimitteln auf dem US-amerikanischen Markt aktiv. Die Erfolge der Produkte dort ermutigten das Unternehmen, die selbst entwickelten, erprobten Naturwirkstoffe aus dem Arzneimittel-Markt in leichterer Dosierung auch für den Bereich der Naturkosmetik aufzubereiten.

In den USA erfolgte die Markteinführung der neuen Naturkosmetik-Linie bereits mit Erfolg. In Deutschland wird diese unter dem neuen Branding "hautTATSACHEN" vorbereitet. Und genau dafür dachte sich das Duo Anderson und Henriques, die für den Rollout des ersten Produkts der neuen Marke zuständig sind, die Aktion mit dem Plastiksammeln auf der Nagold aus.

Im Detail ging diese Aktion so: In Deutschland ist der Markt für kompromisslos hochwertige Naturkosmetik ein "Frauenmarkt". Und für Orientierung in diesem Markt sorgt eine ganze Heerschar weiblicher Internet-Blogger, die zwischen Konstanz und Flensburg über neue Produkte, Trends, Anbieter und Studien berichtet.

Bloggerinnen geben den Ausschlag

Genau diese Bloggerinnen hatten Anderson und Henriques mit ihrem eigenen Blog (www.hauttatsachen.de) im Visier, als sie Anfang Juli dort den Aufruf starteten, doch selbst mal einen Beitrag über die verheerenden Wirkungen von Mikroplastik in der Umwelt und die Quellen dieses Mikroplastiks etwa in konventionellen Kosmetikprodukten zu schreiben. Für jeden Beitrag, den eine der Naturkosmetik-Blogger im Land veröffentlichen würde, wollten Anderson und Henriques 15 Minuten Plastikmüll aus der Nagold sammeln. Und für jeden Leser-Kommentar, der einen guten Vorschlag vorbrachte, wie man Plastikmüll effektiv vermeiden könnte, wollte das Duo noch eine weitere Minute Müll aus der Nagold sammeln.

Das Resultat: drei Stunden und 56 Minuten Plastikmüll-Sammeln für den guten Zweck. Und für die Aufmerksamkeit für das eigene Produkt, das im kommenden Oktober offiziell im Markt eingeführt werden soll; und natürlich absolut kein Mikroplastik enthalten wird. Wie mittlerweile übrigens, so erzählen Anderson und Henriques am Rande ihrer Sammel-Aktion gestern, auch alle in Deutschland erhältlichen Zahnpasten. Diese vor allem waren in der Vergangenheit wegen der Verwendung von Mikroplastik als mechanischem Putzmittel ins Gerede gekommen. Der Druck der Öffentlichkeit war schnell so groß, dass alle Anbieter reagieren mussten – und heute bracheneinheitlich auf den Einsatz der unverrottbaren Mikro-Kunststoffe verzichten. Denn Dokumentationen hatten gezeigt, dass die Putzmittel von der Zahnbürste später in den Organismen zum Beispiel von Speisefischen wieder auftauchten – also unmittelbar in der Nahrungskette, die auch die Menschen erreicht.

In allerlei Kosmetika noch immer vorhanden

Und was bei Zahnpasten funktioniert hat, das, so die Hoffnung der Calwer Naturkosmetiker, sollte auch bei allen anderen konventionellen Kosmetika wie Duschgels, Rasierschaum oder Peelings funktionieren, die in ihren Rezepturen immer noch auch auf Mikro-Kunststoffe setzten. Genau dafür sollte die Aktion mit den Bloggern der Nation das notwendige Maß an Aufmerksamkeit bringen.

Allerdings sorgte der Anblick des Schlauchboots gestern auf der Nagold auch hier vor heimischer Kulisse für einige Aufmerksamkeit. Und gewann schnell viele Zaungäste, die vom Ufer aus die gar nicht so unkomplizierte Sammelaktion auf der Nagold verfolgten. Denn die Gewitterschauer der letzten Tage hatten den Pegel merklich anschwellen lassen. Die Strömung des kleinen Flusses hatte um einiges zugelegt, sodass sogar eine Sicherungsleine ein Abtreiben des Müllsammel-Schlauchboots verhindern musste.

Alles in allem hat sich die Aktion gelohnt. "Auch in der Nagold ist leider viel Plastik unterwegs, vor allem Styropor und Zigarettenkippen – die immerhin bis zu 300 Jahre in der Natur brauchen, bis sie vollständig abgebaut sind", fasst Marieke Henriques die Ergebnisse der ersten halben Stunde auf dem Wasser zusammen. Vielleicht, so mutmaßt derweil Nicole Stickel, die für Syntrion und die Blogger das Geschehen im Bild dokumentierte, werde man im kommenden Jahr die Aktion wiederholen. Dann vielleicht mit anderen Unternehmen aus Calw, die sich für die Themen Naturschutz und Naturkosmetik engagieren. Denn zu viel Aufmerksamkeit könne das Thema Mikroplastik und die daraus resultierenden Probleme derzeit gar nicht bekommen. "Uns ist natürlich klar, dass die Problematik mit einer Müllsammel-Aktion nicht zu lösen ist", so die Macherinnen. Deshalb ging es in erster Linie darum, ein Bewusstsein für das Thema zu schaffen und die Verbraucher zu ermutigen, zu Alternativen zu greifen, die frei von Mikroplastik sind.