Die Konik-Pferde, die auf den Grinden und der Waldweide zuhause sind, bekommen Verstärkung. Foto: Regierungspräsidium Karlsruhe/Archiv

Im Naturschutzgebiet Kniebis-Alexanderschanze folgt jetzt der nächste Schritt im Beweidungsprojekt: Ab Mai grasen dort vier Heckrinder. Damit bekommen die Konik-Pferde Verstärkung, die dort seit November dauerhaft weiden.

Zur Erhaltung und Vergrößerung der artenreichen Heiden und offenen Grinden des Nordschwarzwalds wird in diesem Jahr in dem an den Nationalpark Schwarzwald angrenzenden Naturschutzgebiet Kniebis-Alexanderschanze im Kreuzungsbereich der B 500 und der B 28 die Weidefläche weiter vergrößert.

Wie das Regierungspräsidium Karlsruhe weiter mitteilt, werden dafür ab Mai auf einer Fläche von rund 14 Hektar, zusätzlich zu den seit November 2023 dauerhaft dort weidenden Konik-Pferden, vier Heckrinder weiden.

Das Landschaftspflegeteam des Regierungspräsidiums Karlsruhe hat den Weidezaun für die Heckrinder auf einer Strecke von fast drei Kilometern errichtet. Foto: Regierungspräsidium Karlsruhe

Nachdem im Frühjahr 2023 zur Freilegung der Weidefläche bereits Gehölze zurückgeschnitten wurden, hat das Landschaftspflegeteam des Regierungspräsidiums Karlsruhe im April 2024 damit begonnen, Trassen für den Weidezaun anzulegen und Pfähle zu setzen. Anfang Mai können nun die Heckrinder auf die Weide gebracht werden.

Wichtige Verhaltensregeln

Die Beweidung wird aus Finanzmitteln des Landes im Rahmen der Landschaftspflegerichtlinie und von der Stadt Freudenstadt im Rahmen des Ökokontos finanziert. Von den ausgezäunten Wegen entlang der Weideflächen können die Tiere hautnah erlebt werden.

Dabei gibt es ein paar wichtige Verhaltensregeln zu beachten: Die insgesamt drei Weideflächen sind durch zwei Übergänge für die Heckrinder miteinander verbunden. Auf diesen Übergängen kreuzen sich die Wege von Rindern und Wanderern. Sie dürfen daher nur dann passiert werden, wenn kein Heckrind in Sichtweite ist, so das Regierungspräsidium weiter. Hunde seien zwingend anzuleinen, um sicherzustellen, dass sie nicht von einem sich verteidigenden Rind angegriffen werden.

Langfristige Pläne

Die Weideübergänge sind zunächst nur zu Fuß passierbar. Fahrräder müssen über die eng gewinkelten Durchgänge getragen werden. Langfristig sind laut der Mitteilung des Regierungspräsidiums aber mit Gitterrampen versehene, befahrbare Übergänge vorgesehen.

Durch die Beweidung mit den vier Heckrindern soll auf einer Fläche von insgesamt 28 Hektar ein lichter Weidewald geschaffen werden – so, wie er jahrhundertelang weit verbreitet war. Vom Mittelalter bis ins 19. Jahrhundert wurden Nutztiere wie Rinder, Schweine, Ziegen und Schafe in den Wald getrieben, um dort zu weiden.

Das sollen nun die Heckrinder übernehmen und damit das Naturschutzgebiet auf vielfältige Weise ökologisch bereichern: Der Dung der Pflanzenfresser verteilt Nährstoffe im Wald und dient spezialisierten Insekten als Nahrung, die wiederum die Lebensgrundlage für viele Vögel sind.

Auch Wildbienen profitieren

Sowohl über den Dung, als auch über ihr Fell und die Hufe verteilen die Tiere außerdem zahlreiche Pflanzensamen auf der Weidefläche, heißt es weiter. Durch ihr Wälzen und Scharren entstehen offene Bodenstellen, die von Wildbienen als Brutstätte genutzt werden können. Und wenn die Heckrinder sich an Stämmen scheuern, Rinde abschälen oder von Sträuchern fressen, schaffen sie dadurch neue Lebensräume in Form von Rissen, Spalten oder Totholz für Käfer, Fledermäuse, Pilze und andere Waldbewohner.

Eine solche angepasste Landschaftspflege sei aktiver Artenschutz und diene der Erhaltung der heimischen biologischen Artenvielfalt, so das Regierungspräsidium. Im Naturschutzgebiet Kniebis-Alexanderschanze werde dies von Kommune, Naturschutz- und Forstverwaltung gemeinsam umgesetzt.

Hintergrund

Waldbeweidung mit Heckrindern
Bis zu ihrer Ausrottung im Jahr 1627 trugen wildlebende Auerochsen zur Strukturvielfalt in den Wäldern bei. In den 1930er-Jahren gelang den Gebrüdern Heck die Züchtung des Heckrinds, das – mit Ausnahme der Größe –wesentliche Merkmale des Auerochsen aufweist. Diese widerstandsfähige Rasse wird seit den 1980er-Jahren in der Landschaftspflege zur Beweidung in Deutschland, den Niederlanden und Lettland eingesetzt. Auch im Nationalpark Schwarzwald bereichern Beweidungsprojekte mit Heckrindern die Artenvielfalt. So profitiert unter anderem die in Deutschland stark vom Aussterben bedrohte Kreuzotter von den Sonnenplätzen in aufgelichteten Wäldern. Ebenso kann das vom Aussterben bedrohte Auerhuhn Lebensraum und Nahrung in den besonnten Heidelbeerflächen finden. Durch die Beweidung im Naturschutzgebiet Kniebis-Alexanderschanze sollen sich auch dort ausgedehnte Heideflächen entwickeln, die zahlreichen Schmetterlingen, Heuschrecken und Wildbienen als Nahrungsquelle, Versteck und Fortpflanzungsstätten dienen können.

Naturschutzgebiet Kniebis-Alexanderschanze
 Das Naturschutzgebiet Kniebis-Alexanderschanze wurde 1996 ausgewiesen und ist rund 190 Hektar groß. Diese Fläche umfasst ein Gebiet, das als historisch gewachsene Kulturlandschaft ein kleinräumiges, vielfältiges Mosaik aus artenreichen Wiesen, Borstgrasrasen, trockenen und feuchten Heideflächen sowie Gebüschen und Wäldern bildet. Mit der Meldung von Flora-Fauna-Habitat-Gebieten (FFH-Gebiete) und Vogelschutzgebieten für das europäische Schutzgebietsnetz Natura 2000 steht das Naturschutzgebiet seit fast 20 Jahren auch unter europäischem Schutz. Es gehört zum FFH-Gebiet „Wilder See Hornisgrinde und Oberes Murgtal“ sowie zum Vogelschutzgebiet „Nordschwarzwald“.