Dieser Junge wird in einer der Einrichtungen betreut, die vom Hechinger Hilfsverein „Kinderhilfe Rumänien“ unterstützt wird. Foto: Kirchmann

Edith Kirchmann von der „Kinderhilfe Rumänien“ berichtet vom Alltag in Rumänien, von der Stimmung und von den Träumen, die die Kinder und Jugendlichen haben.

Auch wenn Rumänien Mitglied der EU ist und inzwischen dem Schengen-Abkommen angehört, betritt man mit Grenzübertritt ein Land mit anderen Kulturen, Traditionen, Prägungen, Akzenten im täglichen Leben, Gesetzmäßigkeiten und Verhaltensweisen. Wenn sich Deutsche auf der Straße treffen, fragt man: „Wie geht es Dir?“ In Rumänien fragt man: „Ce face?“ (was machst du?), um bald zu ergänzen: „Ce sa face“? (was kann man machen?) Und das möglichst mit einem Schulterzucken und resignierender Stimme. Das berichtet Edith Kirchmann vom Hechinger Hilfsverein Kinderhilfe Rumänien.

Was bringt die neu gewonnene Freiheit?

„Auch nach mehr als 30 Jahren nach der Wende hat sich das Land nicht so entwickelt, wie man es sich erhofft hat. Noch immer gibt es überall Armut und zu wenige positive Entwicklungen“, beschreibt Edith Kirchmann. Die Vorsitzende des Hechinger Hilfsvereins fragt: „Ja, es herrscht jetzt eine gewisse Freiheit, aber wozu? Was hat Rumänien zu bieten außer einer herrlichen Natur, die leider auch unter hemmungslosem Raubbau zu leiden hat?“

Verein unterstützt zehn Einrichtungen

Edith Kirchmann, Vorsitzende des Vereins Kinderhilfe Rumänien besuchte wieder alle zehn Einrichtungen in den drei Regierungsbezirken Arad, Timis und Hunedoara und nahm sich viel Zeit für Gespräche, besonders mit Jugendlichen in den Familienhäusern, die von Hechingen aus unterstützt werden.

Inzwischen bestehe die Mehrheit der über 60 Hausbewohner aus Jugendlichen über 14 Jahren, die wegen sozialer Missstände nicht bei Eltern oder Verwandten versorgt werden können und wegen Verhaltensauffälligkeiten in staatliche Obhut gerieten. Die überwiegende Mehrzahl dieser Jugendlichen verlasse die Schule nach der zehnten oder zwölften Klasse ohne wirkliche Berufsausbildung. Ausbildungsplätze in Betrieben sind rar, Schulverweigerungen ziemlich häufig.

Kinder träumen davon, ins Ausland zu gehen

Einige junge Erwachsene hätten sich jetzt nach Schulabschluss zum Militär gemeldet. Viele träumten davon, ins Ausland zu gehen, um Geld zu verdienen. Viele Ehemalige sind inzwischen wieder in Rumänien gelandet, weil das Leben im Ausland als ungelernter Arbeiter für sie nicht gewinnbringend gewesen sei.

Immer wieder fördere Perspektivlosigkeit mancher Jugendlichen den Griff zu Drogen oder anderen Betäubungsmitteln oder zum schnellen Geld durch Prostitution. Therapien oder psychologische Beratungsstellen sind in Rumänien wie auch hierzulande selten. Kinder ohne familiäre Bindungen scheinen oft labil und leicht beeinflussbar.

Viele Ehemalige betreuen ältere Menschen im Ausland

Umso erfreulicher ist es dann für die Vereinsvorsitzende zu hören, dass etwa ein Junge sich als Klassenbester trotz Verhaltensstörungen hervortut oder eine junge Erwachsene ihr Abi mit Erfolg bestand. Und schön zu sehen sei, wie viele Ehemalige trotz Problemen sich positiv entwickelten, einen Ehepartner fanden und sich nun um ihre Kinder kümmern. Inzwischen sind auch mehrere Ehemalige im Ausland als Betreuerinnen bei älteren Menschen beschäftigt.

Die Chance, sogenannten Sozialwaisen den Lebensweg zu erleichtern, wächst, je jünger die Kinder in den Familienhäusern aufgenommen werden. Die kleine Eva, die bisher bei ihren behinderten Eltern lebte, muss besonders gefördert werden, da man sie ausschließlich nur mit Baby-Milch ernährte. Jetzt nach 2 Monaten akzeptiert sie auch feste Nahrung und fängt an, ihre Umwelt wahrzunehmen und zeigt seit einigen Tagen ein Lächeln und das nach wochenlangem permanentem Weinen. Ihr Körperbau ist zu schwach, um auf eigenen Füssen stehen zu können, aber sie sitzt bereits.