Mit der Manufakturenstadt blüht richtig was auf in Horb. Bürgermeister Ralph Zimmermann, City-Manager Thomas Kreidler, Rauschbart-Wirt Michael Singer, OB Peter Rosenberger und Wirtschaftsförderer Dejan Micic auf der Inselspitze. Foto: Juergen Lueck /Juergen Lueck

Horb feiert ein Jahr Manufakturenstadt. Moosgrün-Laden von Ellen Williams überzeugt. OB Rosenberger: „Im richtigen Moment das Potenzial einer guten Idee genutzt.“

Bürgermeister Ralph Zimmermann, City-Manager Thomas Kreidler, OB Peter Rosenberger und Wirtschaftsförderer Dejan Micic stellen sich fürs Foto vor den brandneuen Horb-Schriftzug auf der Inselspitze. Rauschbart-Wirt Michael Singer sitzt entspannt im „O“. Der perfekte Auftakt für den Rundgang zur Bilanz von einem Jahr Manufakturenstadt.

Singer: „Ich werde zum Sonntag des Horber Frühlings aus jeden Fall aufmachen. Alles steht. Hinten sitzt noch mein IT’ler Dirk Woiczikowski und checkt die Systeme durch. Damit alles am Sonntag des Horber Frühlings reibungslos läuft.“

Singer. Kult-Wirt in Horb mit dem Rauschbart als Deutschlands schönstem Biergarten. An der Inselspitze in Horb startet er mit dem Neckarrauschen sein neuestes Projekt. Anstoßen auf ein Jahr Manufakturenstadt.

Die Idee – so gibt auch City-Manager Thomas Kreidler zu – kam von Eva Michielin. Die Morgenland-Macherin hatte – als sie für die FD/FW im Gemeinderat kandidierte- vorgeschlagen, statt Einkaufzentrum ein Zentrum für Upcycling in Horb zu errichten. Als Michilien dann das „La Vie e Belle“ im ehemaligen Wohnideen Raible gemietet hatte, wollte sie dort eine Präsentation für Manufakturen schaffen. Dann kam in der Corona-Zeit das Bundesförderprogramm für die Innenstädte. Kreidler: „Wir haben dann den Impuls von Michielin genommen und ihn auf größere Füße gestellt.“ Horbs OB Peter Rosenberger: „Ideen entstehen. Sie haben Potenzial. Und irgendwann passt alles zusammen und man ergreift die Chance. Es ist schön zu sehen, was aus dieser Ursprungsidee inzwischen geworden ist.“

Ellen Williams und OB Peter Rosenberger im neuen „Moosgrün“. Foto: Jürgen Lück/Juergen Lueck

Neckarstraße 46. Der ehemalige Kreativraum von Horb. Ellen Williams hat noch die Nacht durchgemacht, um ihr „Moosgrün“ zum Horber Frühling präsentabel zu machen. Innen hell beleuchtet – eine Augenweide an Ladenbau und Präsentation. Williams: „Der Geschäft heißt Moosgrün. Jeder denkt, das ist einheitlich grün. Doch wenn man sich das Moos genau anschaut, dann erkennt man, wie viele Farbschattierungen es hat. Und genau daraus besteht mein Focus – ich arbeite gerne fein.“

Ein Vorbild für Ladendesign und „visuelle Kommunikation“ – das neue Moosgrün in der Neckarstraße in Horb. Foto: Jürgen Lück/Juergen Lueck

Williams ist eine der wenigen Elfenbeinschnitzerinnen in Deutschland. Sie sagt: „Keine Angst. Wir arbeiten mit Ersatzstoffen. Wie beispielsweise mit Nüssen. Die werden monatelang getrocknet, damit sie dieselbe Konsistenz wie Elfenbein haben.“ Oder sogar mit fossilen Mammut-Stoßzähnen – 10 bis 60000 Jahre alt. OB Rosenberger ist ganz fasziniert von dem Ohrring – Steine und Mooreiche. Ellen Williams lacht: „Auch ein Stück von mir. Mein Ziel ist es, das einzige Geschäft in ganz Deutschland zu haben, an dem man solchen seltenen Schmuck kaufen kann.“ Und das in Horb.

Bürgermeister Ralph Zimmermann (FDP), Julia Hagenlocher, Tochter Lilu und OB Peter Rosenberger in der ehemaligen Kristall-Apotheke in Horb. Foto: Jürgen Lück/Juergen Lueck

Weiter gehts in die ehemalige Kristall-Apotheke. Hier dreht Lilu Hagenlocher aus Betra schon am Rad – also aus dem, was am Juni oder Juli ein Kleiderständer für Kinder Second-Hand wird. Mutter Julia: „In Tübingen gibt es davon fünf Läden. Immer mehr Menschen wollen nachhaltige Produkte für ihre Kinder kaufen. Zwar gibt es immer Flohmärkte für Kinderkleidung – aber nicht über das ganze Jahr.“ OB Rosenberger: „Oh ja. Das weiß ich von meinen drei Kindern. Die wachsen wie Unkraut – dauernd brauchst Du neue Sachen.“

Lilu dreht am Rad: Das wird ein Kleiderständer im Second-Hand Laden für Kinderkleidung. Foto: Jürgen Lück/Juergen Lueck

Und Julia sieht hier eine nachhaltige Geschäftsidee: „Ich werde die Sachen auf Kommission ankaufen. Aus Tübingen weiß ich: 95 Prozent der angekauften Sachen werden in der Saison verkauft. Eine Nähmaschine muss hier auch noch in den Laden rein.“ Warum? Die Geschäftsgründerin aus Betra: „Um Sachen mit Löchern neu zusammennähen zu können.“

Horbs OB Rosenberger hat im neuen Fofutu gelich sein Lieblings-Stück gefunden: Ellesse-Tennis-Kleidung. Sein Sohn findet es bestimmt wieder cool. Foto: Jürgen Lück/Juergen Lueck

Second Hand. Gibts für alle Hip Hopper auch im brandneuen Fofutu. Basketball-Shirts im Ballonseide-Look der 90er. OB Rosenberger greift sich gleich ein Ellesse-Teil vom Ständer: „Das haben wir Tennisspieler mit dem Boris-Becker-Boom in den 90er Jahren als Sportkleidung getragen. Heute ist es trendig und in bei den Kids.“ Lukas, der heute Dennis Rockrohr vertritt, sagt: „Das geht schon in die Richtung farbenfroh und Hip-Hop.“

Babsy Rockrohr hat vor einem Jahr ihr „B-Leben“ als Manufaktur eröffnet. Bürgermeister Ralph Zimmermann (FDP) kauft gleich einen Krug aus Steingut. Rockrohr grinst: „80 Prozent aller Kunden, die ins B-Leben kommen, kaufen auch was.“

Robert Kraus zeigt im Baumart seine neue Kreation: Eine Lampe aus geflochtenem Efeu und LED-Schlaucht. Foto: Jürgen Lück/Juergen Lueck

Diese Erfahrung hat auch Robert Kraus gemacht. Sein Baumart wurde vor einem Jahr eröffnet. Kraus: „Inzwischen arbeite ich bei Cristallux im Waldachtal. Wir stellen Leuchten für Kreuzfahrtschiffe her. Durch den neuen Job habe ich einen Teil meiner Produktion in den Laden verlegt – und ich arbeite hier von 19 bis 22 Uhr. Durch die Eröffnung des Morgenlands kommen jede Menge Leute vorbei und schauen rein. Das Baumart läuft sehr gut.“

Bunt: Buchbinderin Ulrike Wiesmann aus Heilbronn auf der Einzigartig-Kunsthandwerker Messe in der Gutermann-Halle. Foto: Jürgen Lück/Juergen Lueck

Letzte Station: Die Halle der Gutermann-Grundschule. Jetzt die Premierer für die Top-Kunsthandwerkermesse. Nelly Asprion vom „Förderverein für deutsch-Franzöisches Kunsthandwerk“: „Eigentlich sollte sie schon vor einem Jahr sein. Doch diesmal haben wir es geschafft: Wir haben Top-Kunsthandwerker aus Frankreich und aus Deutschland hier. Wir wollen diese Messe dauerhaft etablieren.“

Keramik-Kunsthandwerkerin Carole Neilson, Nelly Asprion und OB Rosenberger in der Gutermann-Halle. Foto: Jürgen Lück/Juergen Lueck

Auch, um den ehemaligen Tafelladen in der Bildechinger Steige zu beleben. Asprion: „Wir wollen hier deutsche und französische Kunsthandwerker zusammen bringen. Kunsthandwerkern aus Baden-Württemberg wollen wir die Gelegenheit bieten, ihre erste Erfahrungen in der Selbstständigkeit zu sammeln. Mit Atelier und Verkaufsraum. Dazu suchen wir erfahrene Tandems, die mit den Nachwuchs-Kunsthandwerkern sich in den Techniken austauschen.“

Tandems – das gab es auch schon mal. In dem gleichnamigen Kunstprojekt mit der ehemaligen Künstlerhausbewohnerin Mimosa Pale.

Alex und Lulu aus Besancon fühlen sich wohl auf der „einzigartig“-Kunsthandwerk-Messe in Horb. Foto: Jürgen Lück/Juergen Lueck

Alex und Lulu aus Besancon sind mit ihrer Keramik da. Alex sagt: „Das ist sehr interessant für uns, was der Verein dort mit Atelier und Galerie in Horb anbietet. Wir machen das seit drei Jahren und versuchen natürlich, unser Netzwerk weiter auszubauen. Mal sehen, ob das passt.“

Auch Keramik-Kunsthandwerkerin Carole Neilson aus Straßburg sagt: „Ich bin super neugierig auf das, was sich hier in Horb auftun könnte.“ Ihre Spezialität: Sie macht nicht nur individuelles Geschirr für Restaurants in einer der EU-Hauptstädte, sondern veredelt die fertige Gefäße oder Teller mit Feuer.

Goldschmiedin Etla Breyer-König erklärt ihr Kunsthandwerk. Foto: Jürgen Lück/Juergen Lueck

Horbs Goldschmiede-Meisterin Lucia Steimle (Schmuck am Aischbach) ist natürlich auch mit dabei in dieser Halle. Sie sagt: „Sich mit so vielen Kunsthandwerker-Kollegen hier austauschen zu können, macht echt Spaß.“ Auch Künstlerhaus-Bewohnerin Ulrike Kaltenbach (Glaskunst) checkt die Halle und sagt: „Klasse. Das ist wirklich Kunsthandwerk auf einem sehr hohen Niveau.“

Die Manufakturenstadt. Gestartet vor einem Jahr mit dem Ziel, Leerstände zu beseitigen. Jetzt sieht man – auch in der Einzigart-Messe in der Gutermann-Halle – das löst richtig Schwung in der Kernstadt aus. Und vielleicht sogar ein Momentum, das auf Dauer Wirkung zeigt.

Nicole Volckmann auf ihrem Stand in der Markthalle Horb. Vor kurzem noch in Nagold, will sie jetzt in Horb mit der eigenen Manufaktur durchstarten. Foto: Jürgen Lück/Juergen Lueck

Nicole Volckmann jedenfalls hat sich schon anstecken lassen. Sie hat ihren Stand auf dem Kunsthandwerkermarkt in der Markthalle. Sie sagt: „Mit meinem Mann sind wir über den Campingplatz auf der Schütte auf Horb gekommen. Wohnen inzwischen hier. Beim Metzger haben wir zufällig das B-Leben von Babsy Rockrohr entdeckt. Inzwischen habe ich einige Makramee-Stücke bei ihr – und Stücke von ihr auf meinem Stand. Ich habe nächste Woche einen Termin mit dem Wirtschaftsförderer, weil ich auch eine Manufaktur aufmachen will.“