Vor dem Landgericht Tübingen wird einem Theologen aktuell sexueller Missbrauch von Kindern vorgeworfen. Foto: Sebastian Bernklau

Der evangelische Theologe und Musiker sollte eigentlich Kindern das Klavierspielen beibringen. Einige seiner fünf bis achtjährigen Schüler soll er dabei aber sexuell missbraucht haben. Das wirft ihm die Staatsanwaltschaft im Prozess am Landgericht Tübingen vor. Es ist nicht das erste Verfahren dieser Art gegen den Mann.

Beim Klavierunterricht in einer kirchlichen Einrichtung im Kreis Calw soll ein Beschuldigter, der sich aktuell vor dem Landgericht in Tübingen verantworten muss, mehrere Kinder unsittlich berührt haben.

Konkret wirft ihm Staatsanwältin Rotraud Hölscher vor, einem Jungen er ans Geschlechtsteil gefasst und es gerieben zu haben, ein siebenjähriges Mädchen soll er am Po angefasst haben. Bei einem anderen Jungen soll er in vier Fällen den Penis gestreichelt haben. In einem Fall habe er ein Kind den Unterricht nur mit Unterhosen bekleidet absolvieren lassen. In einem anderen Fall habe sich ein Kind gegen die Annäherungen des Mannes gewehrt, so die Anklage.

Deswegen ist der 55-jährige Mann, der bis zu seiner Verhaftung im Kreis Calw lebte, des sexuellen Missbrauchs in acht Fällen angeklagt, einmal wegen versuchten Missbrauchs.

Angeklagter macht keine Angaben zur Sache

Zu den jetzt angeklagten Vorwürfen machte der Angeklagte im Prozess keinerlei Angaben. Wohl aber zu einer Verurteilung in Hamburg, wo der Mann früher lebte. Dort wurde er wegen schweren sexuellen Missbrauchs von Kindern in zwei Fällen und dem Besitz von kinderpornografischen Schriften zu einer Haftstrafe von zwei Jahren und sechs Monaten verurteilt. Laut Urteil aus Hamburg sei eines der Opfer sein eigener Sohn gewesen sein, den der Mann mit seiner Lebensgefährtin hatte. Die hatte den Fall auch angezeigt. Ein zweiter Vorfall soll sich in einer Sauna ereignet haben, wo er einen anderen Junge unsittlich berührt habe, so das Urteil.

Das alles habe „so nicht stattgefunden“

Im Rahmen des Prozesses in Tübingen wies der Angeklagte alle Anschuldigen aus dem Verfahren aus Hamburg von sich. Das alles habe „so nicht stattgefunden“, sagte der Mann in Tübingen. Das sei alles „völlig falsch“. Jemand habe wohl eine Intrige gegen ihn gestrickt, mutmaßt er. Wer das sein sollte, ließ der Beschuldigte offen, brachte aber zwei Sängerinnen ins Spiel, die ein Liebesinteresse an ihm gehabt hätten und seine Trennung von seiner Lebensgefährtin hätten forcieren wollen. Genaueres wisse er aber nicht.

„Warum haben Sie das Urteil angenommen?“

Wenn das Vorgeworfene alles nicht stattgefunden habe, „warum haben Sie dann das Urteil des Gerichts angenommen?“, fragte der Vorsitzende Richter den Angeklagten. Er hätte ja in Revision gehen können. Man habe ihm gesagt, dass der Sohn ins Heim müsse, wenn er das Urteil nicht akzeptiere, antwortete der 55-Jährige. Eigentlich habe seine Lebensgefährtin die Anzeige gegen ihn zurückziehen wollen, sei aber mit der gleichen Drohung – sonst kommt das Kind ins Heim – davon abgebracht worden. Von wem, das blieb in seiner Aussage allerdings offen. Die kinderpornografischen Bilder, die man bei ihm gefunden hatte, seien auf einem Firmenrechner entdeckt worden, zu dem alle Mitarbeiter der Firma Zugang gehabt hätten, sagte er weiter aus.

„Ich habe keine sexuelle Ausrichtung auf Kinder“

Die im Gefängnis angebotene Sozialtherapie, die ihm möglicherweise eine Haftverkürzung eingebracht hätte, brach er ab. Er habe „keinen Zugang dazu gefunden“, sagte er. Also blieb er die kompletten zweieinhalb Jahre in Haft. Auf die gezielte Frage des Richters nach seiner sexuellen Orientierung antwortete der Angeklagte, dass er „keine sexuelle Ausrichtung auf Kinder“ habe. Seine Ausrichtung sei „konservativ, fast schon langweilig“. Er sei ein herzlicher Mensch – auch zu Kindern. „Aber es gibt einen Unterschied zwischen Übergriffigkeit und Herzlichkeit“, sagte der Mann aus.

Im Anschluss an die Vernehmung des Angeklagten begann Richter Hornikel mit der Vernehmung der jungen Opfer – angesichts deren jungen Alters allerdings unter Ausschluss der Öffentlichkeit.