Ekaterina Tarasova (Violine), Anna-Lucia Costiuc (Violoncello) und Elizaveta Ukrainskaja (Klavier) präsentieren ihre feurige Interpretation des Klaviertrios c-moll von Johannes Brahms. Foto: Thomas Fritsch

Unter stürmischem Applaus ging die 34. Sommermusik im Oberen Nagoldtal zu Ende. In der Stadtkirche gab es nochmals hochkarätige Musik-Vorträge zu hören.

Neun Tage lang gastierten junge Instrumentalisten zwischen neun und neunundzwanzig Jahren aus Europa, USA, China und Taiwan im Oberen Nagoldtal, um bei Weltklasse-Meistern ihre Fähigkeiten, Begabungen und Talente auf den Prüfstand zu stellen, neue Erfahrungen und wertvolle künstlerische Impulse zu sammeln.

Es gab genügend Zeit fürs Üben, für den Unterricht bei den Sommermusik-Dozenten und auch für die Arbeit mit Kammermusik-Kapazitäten und erstklassigen Klavier-Korrepetitoren. Trotz kühlen Wetters kam auch die Freizeit nicht zu kurz.

Die Sommermusik erklang auf mehreren Bühnen in der Region und erfreute die Zuhörer im Podium des CJD Nagold (wo die Kursteilnehmer ihre Quartiere bezogen), in den Kirchen und diversen sozialen Einrichtungen in Nagold, Wildberg und Calw.

Kostproben der Weltliteratur

Am Schlusskonzert in der Nagolder Stadtkirche beteiligten sich ausgewählte Vertreter der jungen Musik-Generation und stellten mehrere Kostproben der Weltliteratur vor. Nach jedem Programmpunkt brach eine helle Begeisterung aus, die Zuhörer applaudierten, johlten und kreischten.

Zum Konzertbeginn eroberte der 13-jährige Cellist Bruno Pestalozzi im Nu die Publikumsherzen, als er in Begleitung der sensiblen Pianistin Elena Nemtsova das von Max Bruch vertonte jüdische Gebet „Kol Nidrei“ mit jugendlicher Hingabe aufführte.

Die 16-Jährige Philina Zhong trug ein Stück von Frédéric Chopin vor Foto: Thomas Fritsch

Die 16-jährige Pianistin Philina Zhong brillierte mit weichem wie präzisem Anschlag in differenzierter Dynamik und verlieh der Barcarolle Fis-Dur von Frédéric Chopin ein breites Spektrum der romantischen Emotionalität von Melancholie bis zur Spannung und Dramatik.

Dass die „Ballade“, eine der sechs hoch virtuosen Solo-Sonaten von Eugène Ysaÿe von technischen Herausforderungen nur strotzt, konnte man dem Spiel von David Martinez Gonzales nicht anmerken. In dem beeindruckend transparenten Klangbild dominierte unterschwellige Emotionalität und eine beinahe erzählerische Überzeugungskraft, mit der der Geiger die Bachsche Reminiszenzen mit künstlerischer Glaubwürdigkeit beleuchten ließ.

David Martinez brachte die technisch anspruchsvolle Ballade von Eugène Ysaÿe zu Gehör. Foto: Thomas Fritsch

Sanfte Lyrik, glühende Leidenschaft und ungezähmte Dramatik füllten den Kopfsatz des Klaviertrios c-moll von Johannes Brahms, dessen Glanz Ekaterina Tarasova (Violine), Anna-Lucia Costiuc (Violoncello) und Elizaveta Ukrainskaja (Klavier) erstrahlen ließen. Ihre feurige und passionierte Interpretation mutete wie eine Quintessenz der spätromantischen Musik an.

Der Kontrabassist Junghyun Hwang schien geradezu verliebt in das tiefe und sanfte Timbre seines Instruments. Zusammen mit der Pianistin Tetjana Belikova schuf er in einem Satz aus der Sonate F-Dur op. 17 von Ludwig van Beethoven ein beeindruckendes Beispiel für kammermusikalischen Konsens.

Eine frappierende Interpretation der Suite für Viola Solo stellte Wassili Wohlgemuth vor. Aus dem farbig und dynamisch nuancierten Klangbild tauchte anfangs eine liedhafte, mitunter kapriziöse Verklärung auf, die im Finale in eine ausgelassene Tanzfreude überging.

Virtuose Achterbahnfahrt

In dem „Blues“ aus der Sonate für Violine und Klavier G-Dur von Maurice Ravel führten Pauline van der Rest und Evgueny Sinaiski einen tadellos präzisen Dialog miteinander und hoben den jazzigen Geist der Komposition mit einer beinahe ekstatischen Ausdruckskraft hervor, wobei das „Perpetuum mobile“ einer virtuosen Achterbahnfahrt glich.

Ein lauter Beifall-Tribut wurde auch dem knapp 20-köpfigen Orchester der 34. Sommermusik unter der Leitung von Cristoforo Pestalozzi bezeugt, das dem heiteren Streicher-Divertimento D-Dur KV 136 von Wolfgang Amadeus Mozart noch einen Walzer von Johannes Brahms als Zugabe beisteuerte.