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Poller in der Färberstraße nerven Unternehmer, Gäste und Gastronomen. Für Stadt ist Toleranzgrenze erreicht.

Villingen-Schwenningen - Das Paar will bezahlen und möchte ein Taxi bestellen. Doch da müssen Wirte aus der Färberstraße passen. Denn abends dürfen keine Taxis mehr durch die Kneipenmeile fahren. Zum Ärger von Gastronomen, Gästen und Taxifahrern.

Domenico Wittkopf, Chef im Ott, ist nicht gerade in Feiertagsstimmung, als er mit dem Schwarzwälder Boten spricht. "Wir haben hier tolle Lokationen, sind überregional bekannt", erzählt er. "Und wenn Leute vor dem Lokal in der Färberstraße abgeholt werden wollen, dann funktioniert das nicht. Taxis dürfen abends ab einer bestimmten Zeit nicht mehr in die Kneipenmeile fahren". Ein Unding, nicht nur für ihn.

Doch am Fahrverbot, das seit einiger Zeit besteht, sei nicht zu rütteln. Um den Anwohnern der stark frequentierten Straße entgegenzukommen, habe man sich für den Einbau von Pollern entschieden, erinnert Oxana Brunner, Pressesprecherin der Stadt VS, an die Hintergründe der Maßnahme. Die versenkbaren Absperrpfosten seien dazu gedacht, ab 20 Uhr den normalen Autoverkehr aus diesem sensiblen Innenstadt- Bereich draußen zu halten. Lediglich Anwohner und Gewerbetreibende bekommen von der Stadt eine Karte für die freie Fahrt.

Hohe Nachfrage

Blick in eine Kneipe der Färberstraße deutlich nach 21 Uhr. Die Lokale sind voll, auch im Ott sitzen junge Leute um die 20 einträchtig neben älteren Gästen, die die 70 sicher überschritten haben und gut gelaunt bei ihrem Pils sitzen. "Und gerade ältere Gäste", berichtet Domenico Wittkopf, möchten mit dem Taxi nach Hause fahren.

Wittkopf nimmt kein Blatt vor den Mund, wenn es um das Verbot geht: "Das ist einfach eine Unverschämtheit." Immerhin, rechnet er vor, habe er gerade in der kalten Jahreszeit im Allgemeinen und während der Feiertage im Besonderen an die 20 Anfragen nach Taxis, "jedoch vor dem Lokal und nicht ein paar hundert Meter entfernt". Was spreche denn dagegen, wenn Taxifahrer im Schritttempo über die Rietstraße durchfahren dürfen?" So viel Toleranz dürfe doch sein, lässt er nicht locker.

Toleranzgrenze erreicht

Doch für die Stadt ist die Grenze der Toleranz erreicht. Eine Neuauflage der Debatte kann sich Brunner nicht vorstellen. Dieses Verbot sei auch im Einklang mit dem Gemeinderat eingeführt worden. Die Kritik der Gastronomen, stellt Oxana Brunner klar, sei bekannt. Es gebe auch immer wieder Rückmeldungen diesbezüglich.

Doch die Stadt bleibe dabei: Es gehe darum, die "Nachtruhe in der Straße einzuhalten". Zudem sei es auch durchaus zumutbar, fügt sie hinzu, die knapp 300 Meter zu Fuß zu laufen, wohlgemerkt bei striktem Geradeauslaufen (Anmerkung der Redaktion). Grundsätzlich sieht sie bei einer Verteiliung der Karten an Taxibetriebe auch ein organisatorisches Problem: "Wer bekommt die Karte, wer nicht?"

Tumulte am Eck

"Geschäftsschädigend", urteilt Wittkopf, sei das Verbot auch für andere: für die örtlichen Taxiunternehmen. Kaum kommt das Thema auf die Färberstraße, sprudeln die Betroffenen auch schon los. Von direkten Umsatzeinbußen spricht zwar kein Mitarbeiter, aber von indirekten Verlusten. "Wir haben einige Leerfahrten. Denn die Leute bestellen ein Taxi und steigen ins erstbeste hinein, gerade wenn es draußen so kalt ist."

Ein weiteres Problem, das auch Gastronome beobachten: "Die Leute prügeln sich fast um ein Taxi, jeder will der erste sein", erzählt einer. "Das gibt regelmäßig Ärger, wenn da an die 15 Leute warten." Mancher Wirt spricht schon von "tumultartigen Zuständen" an manchen Wochenenden. Durch eine Aufhebung des Verbots, da sind sich alle einig, könnte man die Situation am Taxistand beim Gefängnis (siehe Bild) deutlich entspannen.

Freie Fahrt im Winter

Michael Steiger, Kreisvorsitzender des Dehoga-Verbandes (Hotel- und Gaststätten) kennt das Problem nur zu gut. Vom Dienstleistungsgedanken her, wäre eine Aufhebung des Verbotes wünschenswert, aber eine "Umsetzung dürfte schwierig sein", schätzt er. Was sich nicht nur ihm schwer vermitteln lässt: Für Betrunkene dürfe durch die Polizei ein Taxi gerufen werden. Aber für andere nicht, so zum Beispiel für ältere Leute oder Frauen, die gerne vor dem Lokal abgeholt werden möchten.

Steiger wäre nicht Steiger, würde er die Diskussion nicht um einen Vorschlag bereichern. Vielleicht könne man eine Lockerung des Fahrverbots, speziell für Taxis, zumindest auf die Winterzeit und bis Mitternacht begrenzen. Falls erneut diskutiert werde, dann "bittschön gesamtstädtisch", schlägt der Gastronom vor, "denn Poller gibt es auch an anderen Ecken der Stadt."