Es könnte eng werden, mit der Tiefgarageneinfahrt direkt an der Markthallenseite beim Dorfbrunnen. Foto: Morlok

Seit einigen Wochen ist nun bekannt wie sich die "Jako Baudenkmalpflege GmbH" aus Rot an der Rot die Entwicklung des denkmalgeschützten Adler-Areals inmitten von Weitingen vorstellt. Bislang hörte man nur Anwohner und Kommunalpolitiker zu dem Thema. Doch was halten die Weitinger Bürger eigentlich davon?

Eutingen-Weitingen - Bernd Jäger, Mitinhaber von "Jako" und sein Projekt-Ingenieur Markus Veser stellten Anfang des Monats in einer kombinierten Gemeinderats-, Ortschaftsrats- und Bürgerinformationssitzung das geplante Nutzungs- und Bebauungskonzeptes des "Adler-Areals" im Herzen von Weitingen vor.

Schon damals stellte sich die Frage, ob sich die Weitinger überhaupt für dieses ortsbildprägende Projekt interessieren. Gerade mal sieben Personen verloren sich im Zuhörerbereich der Göttelfinger Korntalhalle, in die man die Sitzung verlegt hatte.

Bei der eine Woche später stattfindenden Ortschaftsratssitzung, die mit einer Bürgerfragestunde verknüpft wurde, waren es dann schon 15 Personen, die vorbeischauten. Dieser Personenkreis wohnt in unmittelbarer Nähe des "Adler-Areals" und sie brachten ihre unterschiedlich gelagerten Bedenken gegen dieses Projekt vor. Im Grunde genommen waren es die gleichen Leute, die bereits an der ersten Sitzung teilnahmen, doch dieses Mal brachten sie zur Unterstützung ihre Ehepartner oder andere Angehörige mit (wir berichteten).

Sowohl für den aktuellen Ortschaftsrat, der ja die Interessen der Weitinger Bevölkerung vertritt und repräsentiert, sowie für das Vorgänger-Gremium ist diese Innerortsentwicklung jedoch der richtige Weg für ein zukunftsorientiertes Weitingen. Im Eutinger Gemeinderat geht man mit der Meinung der Weitinger Kommunalpolitiker d’accord. Man ist hier auf gleicher Wellenlänge und freut sich, dass man mit dem bayerischen Bauunternehmen jemanden gefunden hat, der für diese Art der Innerortsentwicklung bereit ist, mit zwischen 10 und 15 Millionen Euro in Vorleistung zu gehen.

Weder Spekulanten noch Bauhaie

Doch woran liegt es, dass nur die Meinungen der kommunalen Befürworter und die Gegenargumente der direkten Anwohner öffentlich wahrgenommen werden? Sicher nicht mehr daran, dass die Weitinger immer noch der Meinung sind, dass die Gemeindeverwaltung mit dem Kauf des Areals damals ein zu hohes Risiko eingegangen ist und zudem einen zu hohen Preis bezahlt hat. Als der damalige Ortsvorsteher Roland Raible gerade hier gegensteuerte und durch einen geschickten Schachzug, indem er einigen Mitbürgern den recht humanen Kaufpreis im Vertrauen mitteilte, erreichte, dass diese Info wie ein Buschfeuer durchs Dorf raste, war der Bann des Misstrauens zwar gebrochen, doch das Interesse immer noch nicht geweckt. Auch der Hinweis, dass man das Ensemble nur zum Zwecke der Planungssicherheit gekauft habe, um sicherzugehen, dass weder Spekulanten noch Bauhaie diese alten Häuser mit dem wertvollen innerörtlichen Baugrund für ihre Zwecke nutzen, machte die Sache nicht besser. Den Weitingern scheint der "Adler" und was daraus wird, egal zu sein.

Doch warum? Wir sind dieser Frage nachgegangen und haben mit ein paar "neutralen" Bürgern, die weder in einem der Gremien sitzen noch direkt neben dem "Adler" wohnen, gesprochen.

Zwei der Befragten stellten für sich kategorisch fest, dass sie dazu überhaupt nichts sagen und die Kommune machen soll, was sie will. "Die machen das doch sowieso", war sich ein Weitinger Bürger ziemlich sicher.

Zukunftsorientiert und zeitgemäß

Bei den restlichen Befragten, deren Namen wir hier aus Gründen der Fairness nicht nennen, da auch die Namen derer, die sich bei der Bürgerfragestunde zu Wort gemeldet hatten, nicht veröffentlicht wurden, konnte eher eine positive Tendenz zu diesem Nutzungs- und Bebauungskonzept festgestellt werden.

Grundsätzlich einig waren sich alle Befragten darin, dass der geplante Wohnungsbau, gerade für die Zielgruppen Senioren, und die Micro-Appartements für Singles und Kleinhaushalte, zukunftsorientiert und zeitgemäß ist und schon allein diese Option eine ordentliche Portion Charme habe, wie einer der Befragten erklärte.

Gerade dieser Bürger war damals schon im sogenannten Bürgertreff engagiert, als man sich die ersten Gedanken zur späteren Nutzung der Fläche von rund 35 Ar machte. Man habe damals einen bunten Blumenstrauß an Nutzungsmöglichkeiten in Betracht gezogen, von denen sich viele im neuen Konzept wiederfinden, erinnerte er sich.

Bereits 2017 hat man während dieses Bürgerbeteiligungsprozesses die Vorstellungen von Wohnen in verschiedenen Wohnformen, nach Pflege, Seniorenwohnungen, Gastronomie und Dienstleistungen formuliert. 2020 wurde vom Ortschaftsrat noch die Einrichtung einer Kinderbetreuung angeregt. "Diese Wünsche und Anregungen flossen nun zum Großteil in die Projektplanung ein", wie Bürgermeister Armin Jöchle bei der ersten Sitzung sagte, bei der man den Planungsstand, der verlässliche Aussagen zur Sanierung und künftigen Nutzung der Gebäude und den Neubauten ermöglicht, vorstellte.

Auch lobten die Befragten, dass die alte Bausubstanz des Adlers, zumindest von der Außen-Fassade her, erhalten bleibt und man das Ensemble Gasthaus, Brauhaus, Scheune und Stallanbau erhält und sich somit der Tradition verpflichtet fühlt.

Einig waren sich die Befragten jedoch auch darin, dass sie zum Teil die Bedenken der Anwohner teilen. So sei beispielsweise die Einfahrt in die Tiefgarage, direkt neben den Toiletten der Markthalle, viel zu eng geplant. "Vor allem sollte man bei der Gestaltung des neuen Dorfplatzes den Dorfbrunnen stehen lassen", so die Forderung eines Bürgers. Er und seine Frau würden es auch sehr begrüßen, wenn die Gebäude nicht so eng auf den vorhandenen Raum gequetscht würden und etwas mehr Grün in der Anlage zu finden wäre. "Gerade für die Senioren sollte das Ganze etwas freundlicher gestaltet werden, mit Sitzbänken und Ähnlichem", formulierte eine der Befragten ihre Vorstellung. Dass diese konzentrierte Bauweise jedoch auch der Wirtschaftlichkeit geschuldet ist, nach der der Bauherr auch schauen muss, ist für die Bürger aber auch klar.

Zwischen Betroffenheit und Zweck abwägen

Einer der Gesprächspartner stellte auch die Frage: "Was wollen die Leute? Soll man immer alles so weiterlaufen lassen wie bisher? Auch die direkten Anwohner haben beim Kauf ihrer Häuser die Ruhe nicht automatisch mitgekauft und die Zukunft hat eben ihren Preis", sagte er zu den Vorwürfen, dass die Anwohner während der Bauphase zwei Jahre die Nähe einer Großbaustelle aushalten müssen. "Hier muss man zwischen der eigenen Betroffenheit und dem tatsächlichen Zweck abwägen", so ein anderer Gesprächspartner, der für sich feststellte, dass die Zeit reif sei für so ein Projekt.

Im Großen und Ganzen waren alle Befragten der Meinung, dass es einfach nicht geht, wenn man was Schönes, Neues im Dorf will, nichts dafür zahlen oder erdulden möchte und alle sprachen sich für die Umwidmung des "Adler-Areals" in der geplanten Art und Weise aus. Doch das wirkliche Interesse, den durchweg positiven Grundtenor, das Hurra-Gefühl, den fanden wir auch bei intensiver Befragung nicht wirklich.

Das Interesse scheint sich nach wie vor in Grenzen zu halten und der urschwäbische Grundgedanke "Nicht geschimpft ist genug gelobt", scheint auch hier die Oberhand zu behalten. Doch, ob sie wollen oder nicht – der "Adler" wird die Weitinger noch einige Zeit beschäftigen.