Der Blitzer ist in Vorderlehengericht in Fahrtrichtung Wolfach vorbei, die Autofahrer geben Gas und selbst Lastwagen überholen schon innerhalb des Orts. Deswegen wünscht sich der Ortschaftsrat eine Geschwindigkeitsanzeigetafel an dieser Stelle. Foto: Wegner

Das hätten die Lehengerichter Ortschaftsräte und Ortsvorsteher Thomas Kipp kaum zu träumen gewagt: Der Verkehr auf der Bundesstraße wird in den Ortsdurchfahrten auf Tempo 30 abgebremst.

Schiltach-Lehengericht - Die Sache ist "entschieden und durch", stellte Ortsvorsteher Thomas Kipp in der jüngsten Sitzung des Lehengerichter Ortschaftsrats fest, nachdem in der vergangenen Woche der Gemeinderat Schiltach den Lärmaktionsplan bereits gebilligt hat. Von daher gab es in der Ortschaftsratssitzung keine Diskussion mehr über wenn und ob, sondern lediglich "Anregungen unsererseits", wie es Kipp formulierte. Und da gab es dann auch zum Abschluss der Sitzung einen einstimmigen Antrag an die Stadt Schiltach für eine Geschwindigkeitsmesstafel – damit zumindest aus psychologischer Sicht die Autofahrer auf ihr Fehlverhalten hingewiesen werden. Eine solche Tafel könne solar betrieben werden, sah Michael Pfüger eine Möglichkeit für die angedachte Stelle, an der kein Stromkabel liege.

Blitzer steht falsch

Problem sei, so waren sich die Ratsmitglieder und auch Anwohner Peter Hubrich einig, dass der Blitzer in Vorderlehengericht, der meist mit Messgeräten in beide Richtungen ausgestattet ist, eigentlich an der falschen Stelle angebracht ist. Denn direkt nach der Messsäule würden die Autofahrer in Richtung Wolfach wieder aufs Gas drücken. "Autos und Lastwagen fahren da ein absolutes Rennen. Das passiert nicht nur einmal, sondern mehrfach. Und überholt wird auch noch", wiederholte Anwohner Hubrich seine Beobachtungen, die er fast täglich machen kann, in der Ratssitzung. Er, so meinte er, freue sich über die "30", hätte aber auch mit Tempo 40 leben können.

Lage weiter beobachten

Weiterer Wunsch des Ortschaftsrats ist auch eine Querungshilfe, die unter "weiteren Maßnahmen" aufgeführt ist. Dies sei eine Sache der Verkehrssicherheit, so Kipp, weil der Lärmaktionsplan keine statische, sondern eine "dynamische Sache" sei und weiter beobachtet werde. Dabei erwähnte er auch Lärmfaktoren, die durch die Temporeduzierung nicht eingerechnet seien – wie laute Motorradfahrer und Autofahrer, "die rasen". Um letzteres zu reduzieren hätte Pflüger es für gut befunden, wenn die zusätzliche Geschwindigkeitsbeschränkung auf Tempo 50 in den Bereichen vor den Ortseingängen von Vorderlehengericht ein Stück weit reichten – in Richtung Wolfach bis zur Abzweigung St. Roman.

Ratsmitglied Martin Schuler sah die Temporeduzierung als "Entlastung für die Anwohner" und meinte, "man wird sich dran gewöhnen müssen, dass man langsamer durch die Ortschaften fährt". Auf die Frage von Hans Schuler, wie schnell das Tempolimit kommen soll, meinte Kipp: "In den nächsten Monaten.

Heftige Kritik im Internet

Für Diskussionen hat die Tempo-30-Entscheidung in den beiden Lehengerichter Ortsdurchfahrten im Gemeinderat gesorgt – und auch im Internet. In zahlreichen Kommentaren äußern sich Facebook-User zu der im Lärmaktionsplan vorgesehenen Maßnahme. Die meisten von ihnen sind – gelinde gesagt – nicht gerade erfreut über das geplante Tempolimit.

Unter ihnen ist auch das frühere Gemeinderatsmitglied Thomas Möcke: "Nicht alle Anwohner freut’s", stellt er klar. Es seien viel mehr nur Einzelne, "welche ihr Hirngespinst vorantreiben wollen und der Großteil muss es dann ertragen". Zwar seien die Abrollgeräusche bei Tempo 30 "etwas geringer" – dafür fahre ein Lastwagen bei diesen Geschwindigkeiten untertourig "und erzeugt notgedrungen laute brummende Geräusche". Das Runterbremsen eines 40-Tonners von 70 auf 30 und sein wieder Beschleunigen auf 70 Stundenkilometer sei zudem "eine Vollkatastrophe" für die Ökobilanz, macht er seinem Unmut Luft.

Staus befürchtet

Auch Andreas Müller erwartet durch das Tempolimit keine Lärmminderung: Im Hoffeld, wo die Straßenverkehrsbehörde dem Wunsch nach einer Geschwindigkeitsreduzierung nicht zugestimmt hat, sei jedes Auto, das beschleunigt, "lauter als die Autos, die eh schon fahren". Laster und Busse, die das Wohngebiet hochfahren, seien "gefühlt mindestens zwei Mal so laut" wie die Autos auf der Bundesstraße. Anders sieht das Alice Müller, die den Balkon ihres Hauses "schon lange nicht mehr" nutze, weil der "Lärm unerträglich" sei.

"Es soll immer alles schneller gehen, aber im Straßenverkehr immer alles langsamer! Wir haben viel bessere Technik als früher, leisere Fahrzeuge und trotzdem so ein Quatsch", findet User Manfredo Giuseppe Autunno deutliche Worte. "Ralph Peanuts Erdmann" rechnet mit Stau vor den Tempozonen, für Sebastian Waschtel ist nicht zuletzt wegen der angedachten Verkehrsinsel in Vorderlehengericht "das Chaos vorprogrammiert". Christoph Herrmann befürchtet wegen der zunehmenden Zahl von Tempolimits gar, dass das Kinzigtal zum "Tal des Schenkentempos" werden könnte.

Martin Schönweger denkt an hunderte Pendler, die mit den neuen Tempolimits verärgert würden. Pendler, die "mit ihrer Arbeitsleistung unter anderem für den Wohlstand der Stadt Schiltach verantwortlich sind".