Das Restaurant Warteck schließt zum 31. Oktober. Foto: Kupferschmidt

Jahrelang bewirtete Familie Gläßel ihre Gäste. Jetzt schließt das Restaurant Warteck. Und Freudenstadt ist um eine besondere Küche ärmer – aber warum hat die Familie diese Entscheidung getroffen?

Freudenstadt - Gäste sitzen an den weiß gedeckten Tischen und essen selbst gebackene Brötchen mit Marmelade oder Müsli mit frischem Obst. Es ist Frühstückszeit im Restaurant Warteck. In den Räumen des familiengeführten Hotels und Restaurants riecht es nach Kaffee, es ist leises Geschirrgeklapper der Gäste zu hören. Dieses Szenario wird es auch in Zukunft noch geben. Die Familie Gläßel schließt zwar ihr Restaurant zum 31. Oktober, der Hotelbetrieb mit Frühstück bleibt aber weiterhin bestehen.

Doch warum eigentlich? "Ich sage immer, das ist wie bei einer Scheidung", so Werner Gläßel, ehemaliger Geschäftsführer des Hotels und Restaurants Warteck. Viele Gründe würden bei einer Trennung zusammenspielen, einmal Fremdgehen reiche nicht aus, um den Partner endgültig zu verlassen, meint er. So sei es auch bei der Entscheidung gewesen, das Restaurant zu schließen, mehrere Kleinigkeiten seien ausschlaggebend.

Nachfolge nicht geregelt

"Es ist weder wirtschaftlich, noch haben wir Streit oder es ist jemand krank", stellt Geschäftsführer Oliver Gläßel klar. "Es ist einfach eine Entscheidung für den weiteren Lebensweg der Familie." Das Hauptproblem sei allerdings das Personal, viele der Mitarbeiter sind alt und gehen bald in Rente, sagt der 51-Jährige. Außerdem sei die Nachfolge des familiengeführten Restaurants nicht geregelt, seine beiden Söhne habe es beruflich in andere Gegenden als den Nordschwarzwald gezogen.

Dazu kommt, dass der Küchenmeister nach 16 Jahren gekündigt habe. Das heißt: Oliver Gläßel stand zwei Monate lang alleine in der Küche. Auf die Frage, wie viele Stunden er täglich arbeitet, muss die Familie schmunzeln. "Mein Tag hat um acht Uhr morgens begonnen und um zwölf Uhr abends aufgehört." Oftmals habe er das Haus die Woche über gar nicht verlassen – außer um Einkäufe für das Restaurant zu tätigen. Auch am Ruhetag überlege er, sich seinen weißen Kochkittel anzuziehen, um das ein oder andere vorzubereiten.

"Mosaiksteinchen fehlt"

Trotzdem: Die Entscheidung, das Restaurant zu schließen sei der Familie nicht leicht gefallen. "In Zukunft fehlt ein Mosaiksteinchen in Freudenstadt", sagt Werner Gläßel. Konkurrenz belebe die Stadt, deshalb bedauern auch viele andere Gastronomiebetriebe die Schließung. Andere Kollegen aus der Gastronomie bewundern diese eingreifende, mutige Entscheidung, ergänzt sein Sohn.

Wie wichtig den Gästen das Restaurant Warteck ist, zeigen die Reaktionen, die die Familie in den vergangenen Wochen erhalten hat. Kollegen, Freunde, Gäste, Bekannte oder Mitarbeiter drückten ihre Solidarität aus – und die Familie sei mit Blumen beinahe überhäuft worden. Auch für das anstehende Wochenende, habe die Familie "Reservierungen ohne Ende", sagt Oliver Gläßel. "Wir können gar nicht alle bedienen."

Besondere Tischkultur

Die Küche des Restaurants spricht sowohl Feinschmecker an, als auch Personen, die eine gute regionale Küche zu schätzen wissen, wie auch der Bib Gourmand bestätigt. Von Jakobsmuscheln, über Perlhuhnbrüstchen bis hin zu vegetarischen Rote-Beete-Ravioli – das Menü verspricht Vielfalt. "Vom Eis bis zu den Nudeln haben wir alles selber gemacht", sagt Werner Gläßel. Besonders die Tischkultur mit Silberbesteck, Tischdecken und Stoffservietten sowie die hohe Qualität der Gerichte hätten die Gäste geschätzt, sagt seine Frau Ursula Gläßel.

Vor zehn Jahren hat Oliver Gläßel den Betrieb von seinem Vater übernommen und damit führte die fünfte Generation das Restaurant. Schwingt in der Schließung dann nicht doch auch etwas Wehmut mit? "Viele sagen zu mir, wenn ich ihnen etwas aus meinem Berufsalltag erzähle, was für einen schönen Beruf ich doch hatte", sagt Werner Gläßel und wirkt etwas traurig.

Einer Braut Essen ins Krankenhaus gebracht

Die Gastronomen kennen die Gäste und viele Familiengeschichten. "Wir sind mit den Gästen zusammengewachsen und haben einige emotionale Momente erlebt", sagt sein Sohn.

Ein Tag ist Werner Gläßel besonders in Erinnerung geblieben. "Wir hatten hier mal eine Hochzeitsgesellschaft ohne Braut." Diese sei am Tag der Hochzeit mit Wehen ins Krankenhaus gekommen. "Wir haben ihr dann Essen ins Krankenhaus geschickt."

Und hat Oliver Gläßel schon Pläne, was er nach der Schließung des Restaurants machen möchte? "Ich kriege mich schon beschäftigt", sagt er lächelnd. Erstmal wolle er aber etwas zur Ruhe kommen, in einem viertel Jahr könnte er sich dann vorstellen, neue Projekte anzugehen.