Hannes Steim präsentiert vor einem Auszubildenden-Raum neue Modelle der Uhrenfabrik Junghans. Foto: Fritsche

Gesellschafter und Geschäftsführer der Uhrenfabrik Junghans Hannes Steim erläutert, wie dem Fachkräftemangel begegnet und das Unternehmen weiterhin zukunftsfest gemacht werden soll.

Gesellschafter Hannes Steim ist im Juni 2022 operativ als Geschäftsführer in die Uhrenfabrik Junghans eingestiegen. Wir haben ihm Fragen zum Unternehmen und zu seiner neuen Tätigkeit gestellt.

Herr Steim, die Produkte der Uhrenfabrik Junghans finden über den Fachhandel und auch über das Internet den Weg zu den Kunden. Wie hat sich die Corona-Zeit mit ihren Einschränkungen auf das Geschäft ausgewirkt?

Wir setzen auf den Einzelhandel und sind stolz darauf. Aber die Einzelhändler, die wir mit vier fest angestellten Regionalleitern betreuen, mussten während der Lockdown-Zeiten schließen und die wichtige Fachmesse Inhorgenta in München fiel 2021 aus und war 2022 weniger besucht. Deshalb war es schwierig, in dieser Phase die Neuheiten angemessen vorzustellen. Die letzte Inhorgenta im Februar dieses Jahres lief wieder gut, man merkt, dass sich die Leute wieder persönlich treffen wollen.

Viele Firmen klagen, dass die Fachkräftegewinnung schwierig ist. Trifft das auch auf Junghans zu?

Seit der Übernahme im Jahr 2009 bilden wir wieder Uhrmacher aus, zwei weitere haben jetzt gerade den Meister gemacht. Zurzeit haben wir elf Ausbildende, zwei für den kaufmännischen und neun für den Uhren-Bereich. Für die Uhrmacherausbildung arbeiten wir gut mit der Feintechnikschule in Schwenningen zusammen. Das Thema Präzision ist interessant für junge Leute.

Sie können heutzutage nicht alle Uhrenkomponenten selbst herstellen. Wie gehen sie da vor?

Wir haben bewährte Kooperationspartner, zum Beispiel Sellita, Hersteller von mechanischen Uhrwerken in der Schweiz. Vor zwei Jahren haben wir aber auch einen eigenen Rotor für die mechanischen Werke entwickelt. Dieser wird von der Uhrenfirma Mühle in Glashütte hergestellt. Wir bemühen uns, soviel wie möglich Wertschöpfung in Deutschland beziehungsweise Europa zu halten. Man denke nur an die Chipkrise, als die Prozessoren aus Asien nicht verfügbar waren. Wir beziehen neben fertig montierten Uhrwerken auch Uhrwerke-Kits, die dann hier in Schramberg zusammengebaut werden. Die Funkuhrwerke bauen wir ebenfalls vor Ort. Wir haben diese Montagelinie kurz nach der Übernahme aus dem Ausland zurückgeholt und 2018 ein neues Funkwerk vorgestellt.

Mehr eigene Fertigung braucht Maschinen. Investieren sie?

Von Trumpf Laser haben wir vergangenes Jahr eine Maschine gekauft für die individuelle Beschriftung von Uhren und kleineren Serien, zum Beispiel im Fall von Jubiläumsuhren für Unternehmen. Wir haben eine Zeigersetzmaschine angeschafft, die es den Mitarbeitern einfacher macht, die Zeiger präzise auf die Wellen aufzupressen.

Mit Trumpf-Laser-Technik sind individuelle Gravuren möglich, zum Beispiel im Fall von Jubiläumsuhren für Unternehmen. Foto: Fritsche

Hat sie die allgegenwärtige Digitalisierung auch erfasst?

Vor zwei Jahren haben wir ein neues ERP-System eingeführt. Aber auch im Kontakt zu unseren Kunden setzen wir auf neue Wege. Zur Messe in München haben wir eine neue Junghans App eingeführt. Hier können sich Kunden unter anderem über unsere Geschichte und aktuellen Produkte informieren.

Wohin geht die weitere Reise?

Wir wollen wieder mehr technische Entwicklung im Haus machen und auch die Fertigungstiefe weiter erhöhen. Bei unseren Produkten werden wir die Modellpalette um einige sportliche Uhren sowie mehr Farben bei Damenuhren erweitern.

Was die Absatzmärkte angeht, sind USA, Mexiko und Südamerika mit Sicherheit interessante Märkte. Speziell in diesen Ländern sind Produkte von deutschen Traditionsunternehmen gefragt. Aber auch am europäischen Markt gibt es weiteres Potenzial für die Marke Junghans.

Welche Rolle spielt dabei Gut Berneck?

Als Gut Berneck gebaut wurde, war Junghans nach WMF das zweitgrößte Unternehmen in Württemberg. Die zahlreichen Junghans-Gebäude in Schramberg deuten auf die einstige Größe hin. Mit Gut Berneck wird das ehemalige Wohnhaus von Arthur Junghans an die alten Glanzzeiten von Junghans erinnern. Wir werden dort in erster Linie Juweliere und Journalisten empfangen. Aber auch für externe Familienfeste und Firmen-Events soll das Gebäude genutzt werden können.