Der frei stehende, jüngst instandgesetzte Turm trägt die Glocke, die bereits zu den Gottesdiensten in der alten Kirche am Schlossplatz läutete. Foto: Schnurr

Einst feierten die evangelischen Christen in Geislingen in einem ehemaligen Pferdestall ihre Gottesdienste. Vor 40 Jahren aber hat das Gemeindeleben in einem eigenen Gebäude in der Kurt-Schumacher-Straße eine Heimat gefunden.

Geislingen - Bis zum Ende des Zweiten Weltkriegs war Geislingen eine weitgehend katholische Gemeinde. Die wenigen evangelischen Christen, die dort wohnten, mussten nach Ostdorf gehen oder fahren, um in der Medarduskirche Gottesdienste zu feiern.

Das änderte sich, als nach dem Krieg aus den ehemals deutschen Ostgebieten Vertriebene auch in den französisch besetzten, ehemaligen Volksstaat Württemberg kamen: Sie fanden beispielsweise vorübergehend im Geislinger Schafhaus eine Bleibe, das im Oktober 2016 abgerissen worden ist – und manche von ihnen waren protestantisch. Eine wachsende evangelische Gemeinde feierte mit dem damaligen Ostdorfer Pfarrer Gerhard Breuning anfangs Gottesdienste im Rathaus.

1949: erste evangelische Kirche

Doch bereits im November 1949 wurde am Geislinger Schlossplatz eine kleine Kirche eingeweiht. Sie befand sich in einem Teil des ehemaligen Stalls des Geislinger Schlosses. Dort steht heute ein Gebäude des Schlossplatzzentrums. 1950 wurde darin das erste evangelische Kind getauft.

Eine kleine Glocke rief die Gläubigen zu den Gottesdiensten. Sie hängt heute in einem freistehenden Türmchen, einem "Glockenträger", vor dem Gemeindezentrum.

1960: Überlegungen für neues Gebäude

Bevor dieses gebaut wurde, verging eine lange Zeit in dem Provisorium am Schlossplatz. Zwar gab es bereits ab 1960 Überlegungen für ein neues Gebäude. Doch erst als das Neubaugebiet Hausers Brühl entstand, kam die evangelische Gemeinde zu ihrer heutigen Heimstatt: Die Stadt Geislingen stellte der Kirchengemeinde kostenlos den Bauplatz zur Verfügung.

Unter Hans-Michael Barfuß, der 25 Jahre lang Pfarrer in Ostdorf gewesen ist, beauftragte die Gemeinde Ostdorf-Geislingen den Dotternhausener Architekten Karl Schön mit einer dauerhafte Lösung. Dieser plante ein an einer Seite hin zeltartig emporsteigendes Gebäude. Darin befinden sich mehrere Räume, eine kleine Küche und vor allem, unter dem höchsten Punkt der Konstruktion, der Altar.

1981/1982: Neubau in der Kurt-Schumacher-Straße

755 000 D-Mark, inflationsbereinigt heute rund 825 000 Euro, kostete der Neubau. Am 10. Juni 1981 war Baubeginn, bereits am 17. September Richtfest und am 16. Mai 1982 die feierliche Einweihung.

In den Jahrzehnten seither ist das Gemeindezentrum zum Mittelpunkt der kirchlichen Gemeinschaft geworden. Nicht zuletzt gibt es darin jeden Sonntag einen Gottesdienst, seit einigen Jahren immer abwechselnd um 8,45 Uhr oder um 10 Uhr. Bis zu 70 Menschen finden in dem Kirchenraum vor dem Altar Platz.

Gemeindefeste als ökumenische Höhepunkte

Die Gemeindefeste waren über Jahrzehnte hinweg Höhepunkte des Jahres. Zu diesen kamen stets auch viele katholische Geislinger.

Bis heute gibt es den monatlichen Frauentreff und drei- bis viermal im Jahr ein Frauenfrühstück, wöchentlich trifft sich der Bibelgesprächskreis. Diese und andere Gruppen und Kreise trafen sich vor Corona im hinteren Gemeinderaum. Derzeit ist für sie behelfsweise ein Teil des Kirchenraums bestuhlt.

Wenn es in einem Jahrgang viele Geislinger Konfirmanden gibt, findet deren Konfirmandenunterricht auch im Gemeindezentrum statt. Für die Konfirmationsgottesdienste und auch für Trauungen ist in der Kurt-Schumacher-Straße allerdings zu wenig Platz – diese müssen in Ostdorf gefeiert werden.

Zeitweise bot die evangelische Gemeinde eine Spielgruppe für Kinder unter drei Jahren im Gemeindezentrum an. Die "Grashüpfer" wurden damals von Gabriele Holike betreut, die heute in städtischem Auftrag die Familien in Geislingen neu geborener Kinder besucht.

 Anlässlich des Jubiläums "40 Jahre evangelisches Gemeindezentrum Geislingen" ist am Sonntag, 22. Mai, ein Festgottesdienst ab 10 Uhr geplant. Bei gutem Wetter soll dieser im Garten stattfinden. Es soll auch ein Mittagessen angeboten werden.