Am Stand vor dem Rathaus verkauften die Gäste aus Chambéry, darunter Pascal Wantier (rechts), ihre Spezialitäten: Wein, Käse, Honig, Walnüsse und andere Leckereien aus Savoyen – und viele Standbesucher ließen sich die Köstlichkeiten gleich vor Ort schmecken. Foto: Karina Eyrich

Nie war die deutsch-französische Freundschaft und die Partnerschaft zwischen Chambéry und Albstadt so wichtig wie heute: Darüber waren sich Gäste wie Gastgeber am Jubiläumswochende „45 Jahre Städtepartnerschaft“ einig – und haben feste gefeiert.

Wenn das negativste Ereignis eines Partnerschaftsjubiläums die Tatsache ist, dass die Gäste ihre regionalen Spezialitäten nicht alle losgeworden sind am Stand auf dem Ebinger Wochenmarkt, dann ist es gut bestellt um die Städtepartnerschaft zwischen Albstadt und Chambéry, an deren Begründung im Mai 1979 Oberbürgermeister Roland Tralmer beim Empfang am Freitagabend im Rathaus erinnert hat.

„Verständnis und Neugier sind daraus erwachsen“

Zwar habe es Zeiten gegeben, in denen Sonderzüge gefahren seien, doch ein voller Reisebus – rund 40 Gäste waren dabei – sei schließlich auch nicht zu verachten, sagte Tralmer und versprach, dass die Albstädter vom 11. bis 13. Oktober ebenfalls zahlreich in die Hauptstadt der Region Savoyen reisen werden. Viele persönliche Freundschaften seien durch die Jumelage entstanden, betonte Tralmer, „und viel gegenseitiges Verständnis und Neugier“ seien daraus erwachsen. In Zeiten, in denen Krieg in Europa nicht mehr unvorstellbar sei, sei es besonders wichtig, dass Europa sich einig sei – und „dass die deutsch-französische Freundschaft als Motor der europäischen Demokratie gelebt wird“.

Birgit Trasser-Hofmann, Vorsitzende der Association Chambéry-Albstadt, gab Tralmer Recht: „Wir können nach wie vor von den Freunden lernen und uns austauschen“, betonte sie und nannte Begegnungen jenseits der Jubiläumswochenenden als Beispiele. So werde sich die Association auch am Jubiläum „50 Jahre Albstadt“ 2025 beteiligen, der FC Onstmettingen eine Jugendmannschaft zum Fußballturnier in Chambéry schicken, und beim Festival du Premier Roman vom 22. bis 26. Mai beteiligt sich einmal mehr ein Lesekreis aus Albstadt.

Schmausen wo der König geschlummert hat

Tralmer appellierte an alle, den jungen Einwohnern die Partnerschaft näher zu bringen – die beiden Stadtverwaltungen lebten das bereits vor, betonte der Oberbürgermeister, der zusammen mit seiner Frau Kristina und dem Ersten Bürgermeister Udo Hollauer seinem Amtskollegen Thierry Repentin und dessen Team persönlich die Perlen Albstadts zeigte, darunter das Maschenmuseum und die Technologiewerkstatt. Zum Abendessen am Samstag kehrte die Delegation im Gasthaus Krone Lautlingen ein und speiste in jener Gaststube, die einst das Gästezimmer für den König beherbergte.

Das Paradies ist verloren gegangen

Der größte Teil der Freunde absolvierte derweil ein Programm mit Unterhaltungs- und Mehrwert: Bei Stefanie Doldinger im Backhaus Burgfelden lernten die Gäste, wie man Brot backt. Archäologe Jürgen Scheff führte die Gäste durch die geschichtsträchtigen Teile der Ebinger Innenstadt. Im Stadtarchiv hatte dessen Leiter Nils Schulz eine Ausstellung zum Jubiläum vorbereitet, und Wolfgang Wiebe führte kreative Frauen zum besten Aussichtspunkt der Burg Hohenzollern, ehe er ihnen in seiner neuen Malschule zeigte, wie sie die Eindrücke in fantastische farbige Aquarelle mit Burg verwandeln können.

Bei der Wanderung mit Traufgänge-Coach Dennis Lausch standen mehr die Schönheiten der Natur rund um Heersberg und Böllat im Vordergrund, und in der Alten Kirche St. Michael staunten die Besucher über die Fresken der ältesten Kirche der Region – auch wenn das Paradies verloren gegangen ist und sich die Betrachter mit dem Jüngsten Gericht zufriedengeben müssen.

Höhepunkt war freilich der Freundschaftsabend, an dem besonders deutlich wurde, dass frischer Wind in die Partnerschaft kommt, angefacht vom seit Juli amtierenden Führungstrio des Arbeitskreises Chambéry, Klaus-Peter Krämer, Claudia Schnau und Myriam Neugebauer, die fast so schnell und so gut Französisch sprechen wie die Gäste.

Bei frischem Brot und Fleisch aus dem Holzbackofen und einem üppigen Salatbuffet, für das zahlreiche Helferinnen – Albstadts First Lady Kristina Tralmer ging mit gutem Beispiel voran – fleißig geschnippelt hatten, spielten Sprachbarrieren ohnehin keine Rolle mehr, und bei Musik und Tanz feierten die Freunde bis in die Nacht hinein ausgelassen das Wiedersehen.

Was Textilien alles können – sogar Brücken stützen

Am Sonntagmorgen hatten Gäste und Gastgeber dann die Wahl zwischen einem katholischen und einem evangelischen Gottesdienst, ehe sich alle im Maschenmuseum zur Führung mit Leiterin Susanne Goebel und ihrem Kollegen Tim Delle trafen – wobei nicht nur die französischen Gäste staunten, was Textil heutzutage alles kann. Zum Beispiel fast unkaputtbare Brücken stützen.

Ehe der Bus um 14 Uhr am Mazmann startete, brachten Pascal Wantier und sein Team von der Association Chambéry-Albstadt noch die restlichen Weinflaschen und Käse, die am Wochenmarktstand nicht verkauft worden waren, unter die Gastgeber, die ihre Gäste aufs Herzlichste verabschiedeten.

Auf das Wiedersehen im Oktober in Chambéry freuen sich alle schon. Wer mitfahren oder sich für die Städtepartnerschaft engagieren will, wendet sich an Bettina Leichtle in der Geschäftsstelle der Städtepartnerschaft bei der Stadtverwaltung, Telefon 07431/160-12 31.