Das Konzept aus dem Jahr 2016 sieht eine spannende Verbindung zwischen Testturm und der geplanten Brücke vor. Der Turmpark sollte ein gastronomisches Angebot enthalten. Das wird heute sehr vermisst. Illustration: Konzept der damaligen Investorengruppe Foto: Schwarzwälder Bote

Testturm: Ein attraktives Angebot für Besucher wird vermisst / Frühes Konzept nicht verwirklicht

Der Testturm steht fest auf dem Berner Feld wie eine gezwirbelte Eins. Auch ein paar Brandflecken auf der Außenhülle können seine Anziehungskraft nicht mindern. Und dennoch fragt man sich: Wann wird rund um den Turm nachgelegt? Wo bleiben die Bonbons für den Tourismus?

Rottweil. Die 246 Meter hohe Betonröhre in Rottweil steckt voller Hightech. Getestet und zur Marktreife gebracht werden die weltweit modernsten Aufzüge. Doch das ist nur die eine Seite der Medaille.   Die Ausgangslage: Mit dem Panoramaschlitten geht es in atemberaubenden Tempo auf Deutschlands höchst gelegene Besucherplattform. Bei entsprechender Wetterlage sieht man die Alpen – der Testturm des Aufzugherstellers Thyssen-Krupp Elevator auf dem Berner Feld in Rottweil ist ein Gebäude der Extraklasse und Superlative. Bei schönem Wetter strömen die Besucher an den drei Öffnungstagen in der Woche in Scharen nach Rottweil und äußern sich danach begeistert.   Das Provisorium: Das Gelände rund um den Testturm ist immer noch unfertig. Außer ein paar Bänken und einem Getränkeautomaten im Foyer des Turms wird den Besuchern nichts geboten. Das wird einer älteren Frau zum Verhängnis. Vom Anstehen in der Warteschlange entkräftet, kippt sie um, schlägt auf dem Boden auf und muss in die Klinik gebracht werden.   Nicht neu: Dabei war Stadtverwaltung und Gemeinderat bewusst, dass das Drumherum wichtig ist für die Akzeptanz des Turmstandortes bei den Touristen. Experten haben früh darauf hingewiesen, dass der Turm allein nicht reichen werde, um mehr Touristen nach Rottweil zu locken. Ein gastronomisches Angebot werde notwendig sein, ebenso weitere Ideen, die Aufenthaltsqualität rund um den Turm zu verbessern. Der Rat an die Stadt: früh ein touristisches Angebot schaffen.  Die Idee: Es ist nicht so, dass es keine Ideen gäbe. Etwa die von Alexander Keller, dem früheren Spitzenmanager bei Thyssen-Krupp Elevator. Im Juni 2016 präsentiert er in einer nichtöffentlichen Sitzung im Gemeinderat ein Konzept. Titel: "Grüne Innovationslunge. Entwurfsideen – Verbindungsglied Testturm ThyssenKrupp und Hängebrücke Neckartal". Es geht Keller und weiteren Geschäftspartnern aus Rottweil ums große Ganze: Das neue Bindeglied zwischen Testturm und Hängebrücke solle eine Vorstellung von Technik, Innovation, Manufaktur, Handel und Natur erzeugen. Gedacht wird daran, das Testturm-Gelände mit markanten Bereichen Rottweils durch einen Rundweg zu verbinden.  Das Keller-Konzept: Das Konzept beinhaltet bereits eine Art kleine Gartenschau. Auch der Begriff Perlen taucht auf. Er findet sich auch ein Jahr später in dem Arbeitstitel eines Konzepts der Stadt für die Bewerbung um die Landesgartenschau ("Grüne Aussichten: Rottweiler Perlen am Neckar"). Das muss nicht verwundern, da sowohl Alexander Keller als auch die Stadt auf denselben Grünplaner zurückgreifen. Zur Perlenkette gibt es 2016 folgende Absicht: "Beginnend am Turm werden die Pavillons in den Raum gestreut. Eine Verbindungskette aus Pavillons und dazwischenliegenden Wegen/Straßen und Plätzen entsteht. Die fünf Pavillons sitzen frei in der Landschaft und bilden so eine ›Perlenkette‹, die sich dem Gelände anpasst." Eine weitere Konzeptidee sah die Bebauung des sogenannten Feldherrenhügels mit einem Multifunktionsgebäude mit Restaurant vor. Auch ein Betreiber stand schon bereit.   (Noch) nichts geworden: Aus dem Keller-Konzept ist (noch) nichts geworden. Die Verhandlungen mit der Stadt sind ohne Ergebnis beendet worden. Das Gelände des Feldherrenhügels, auf dem das Multifunktionsgebäude mit Gastro-Bereich vorgesehen war, hatte inzwischen den Besitzer gewechselt. Es gehört nun dem Thyssen-Krupp-Konzern im Tausch für den Parkplatz neben dem Testturm.

  Die vielen Fäden: Möglicherweise können die Fäden auf dem Berner Feld demnächst miteinander verknüpft werden, können die unterschiedlichen und sich zum Teil widersprechenden Interessen in einer Fortschreibung des Bebauungsplans zusammengeführt werden. Darüber verhandelt seit einiger Zeit die Stadtverwaltung mit den Betroffenen. Unter anderem gilt es, einen Ausgleich für den Besitzer des Landgasthofes zum Seehof in der Balinger Straße zu finden. Er hatte einst seine Parzellen auf dem Berner Feld an die Stadt verkauft unter der Maßgabe, dass Hotel- und Gastronomiebetrieb ausdrücklich nicht vorgesehen sind. Nun gibt es mindestens gleich zwei Vorhaben, die nicht zu dieser Vereinbarung passen. Neben einem gastronomischen Angebot am Testturm gibt es seit Langem Pläne, das Reisezentrum Hauser mit Café- und Hotelbetrieb zu erweitern.   Hängebrücke: Und dann ist da noch ein weiteres Megaprojekt, das ans Berner Feld, wie auch immer, angedockt werden soll: die Hängebrücke. Diese wiederum könnte geradezu perfekt auf die Perlenkette mit den Pavillons aufgefädelt werden. Wenn es sie denn schon gäbe.   Der Konkurrenz-Gedanke: Auch das lähmt die Entwicklung auf dem Berner Feld. Stadtverwaltung und Teile des Gemeinderats wollen nicht, dass sich zu viel dort draußen abspielt – möglicherweise zum Nachteil der Innenstadt. Sie wollen, dass die Touristen in die Innenstadt kommen, um sich hier zu sättigen. Auch das erklärt die Blockade auf dem Berner Feld. Die Frage ist aber auch hier: Passiert in der Innenstadt genug, ist sie attraktiv genug, um Turm- und Brückenbesucher zum Verweilen animieren zu können?